Krisen- und Notsituationen
Der richtige Umgang mit Kindern und Jugendlichen in Ausnahmesituationen.

Beim aktuellen Anschlag in München sind unter den Opfern auch Kinder. Wer in einer Krise unmittelbar oder indirekt betroffen ist, erlebt Ängste und stellt viele Fragen. Beim DRK-Kreisverband Ravensburg e.V. gibt es ein in Süddeutschland einmaliges Hilfeangebot, den ehrenamtlichen Kinder-Kriseneinsatzdienst. Im Radio gaben diese zuletzt Eltern in München Tipps, wie und ob Sie mit Ihren Kindern über den Anschlag sprechen sollen und wie sie ihren Kindern helfen können.
Ob Busunglück, Amokalarm, Terroranschlag oder Naturkatastrophe: Krisensituationen jeder Art sind für Kinder und Jugendliche hochbelastend, denn sie erleben und verarbeiten Erlebnisse grundsätzlich anders als Erwachsene. Mangelnde Unterstützung bei der Verarbeitung dieser Erlebnisse führt bei jungen Menschen häufig zu anhaltenden Ängsten, Schuldgefühlen und Konzentrationsstörungen. Mitunter reagieren sie gereizt, aggressiv, oder mit depressiver Symptomatik. Eltern und Familie sind oftmals verunsichert und überfordert.
„Grundsätzlich ist es wichtig, einen Rahmen mit einer Bezugsperson zu schaffen, in dem der junge Mensch sich sicher fühlen kann und ihm Raum geben, um Reaktionen zuzulassen“ erklärt Michael Schulz vom DRK-Krisenteam seine Arbeit. „Allein die Information, dass diese Reaktionen normal sind, kann schon helfen.“
Jedes Kind ist unterschiedlich, weshalb eine genaue Beobachtung und anschließende individuelle, altersgerechte Zuwendung wichtig ist. Bei Säuglingen sind altersgemäße Reaktionen auf Belastungen an Schreckhaftigkeit und Unruhe zu erkennen. Wichtig ist für Kinder in diesem Alter, dass sie eine ruhige und verlässliche Versorgung durch eine Bezugsperson erhalten, das können Eltern, Verwandte, Freunde, Lehrer oder z.B. auch Schulsozialarbeiter sein.
Betroffene Kinder im Vorschul- und Grundschulalter reagieren häufig mit aggressivem Verhalten oder einem starken Bedürfnis nach Zuwendung. Sie stellen oft viele Fragen und machen sich Sorgen. Helfen kann es, Rituale und Routinen zu entwickeln. Die Erlebnisse durch Spiel, Bewegung und Malen zu verarbeiten, ist hilfreich. Richtig ist es auch, kindgerechte, aber ehrliche Antworten auf die Fragen der Kinder zu geben.
Bei Jugendlichen äußern sich Reaktionen auf Krisen häufig in Form von Überregung, Zurückgezogenheit und emotionaler Taubheit oder Verleugnung. In dieser Altersgruppe existiert ein stärkerer Bezug zu Gleichaltrigen als zu Erwachsenen. Geboten sind hier Rückzugsmöglichkeiten und eine altersgerechte Ablenkung. Eine erwachsene Bezugsperson mit gutem Draht zu dem jungen Menschen ist auch hier immer noch wichtig.
„Ob Familie, Eltern oder die junge Person selbst: Niemand sollte davor zurückschrecken, Unterstützungs- und Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen z.B.in einer Traumaambulanz im ZfP“ weiß Ulrike Schmid vom Roten Kreuz.
Erste Ansprechpartner sind Kinderärzte, Schulsozialarbeiter, die Polizei und das Jugendamt. Vom Deutschen Roten Kreuz steht bei akuten Krisensituationen jederzeit eine psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) sowie der Kinder-Kriseneinsatzdienst unter 112 als Erste Hilfe für die Seele zur Verfügung.
Jugendlichen und Kindern fällt es oft leichter, Hilfe anonym in Anspruch zu nehmen. Die Nummer gegen Kummer ist jederzeit speziell für Junge Menschen kostenlos unter der 116 111 oder im Chat erreichbar. Für Erziehende ist das Elterntelefon ebenfalls anonym und kostenlos unter der 0800 111 0550 zu erreichen.